Expertise
Interview
7 min
Im Gespräch mit den Gründern von all about apps. Fotos: Maximilian Salzer
Dass jemand weiß, wovon er:sie spricht, erkennt man daran, dass die Antworten klar und die Inhalte prägnant sind. Michael Rosenzweig-Steiner und Norbert Himmelbauer haben sich 2011 mit der Appentwicklungs-Agentur all about apps selbstständig gemacht. Innerhalb weniger Jahre hat sich das Start-up zu einem Unternehmen mit über 50 Angestellten entwickelt. Wer so etwas auf die Beine stellt, ist kein Dampfplauderer, sondern ein Klartext-Redner. Das merkt man im Gespräch mit den beiden Junggründern. Mit erfrischenden Worten und viel Tiefsinn sprechen die beiden über die Herausforderungen des Unternehmertums, was sie antreibt und woran sie ihren Erfolg messen.
Michael und Norbert haben 2011 mit ihrer App Entwicklungs-Agentur den Schritt in die Selbstständigkeit gewagt.
Michael
Wir hatten vor allem Vertrauen in uns. Den Plan, etwas gemeinsam zu starten, gab es schon lange, bevor es tatsächlich dazu kam. Im Moment der Gründung hat es sich richtig angefühlt, den Schritt zu tun.
Norbert
Wir hatten damals schon ein gutes Netzwerk an Leuten, die uns mit Rat und Tat zur Seite standen. Das war auch ein wesentlicher Faktor, der uns Mut gemacht hat.
Norbert
Von Anfang an (lacht). Nach dem wir beide nicht programmieren, war das schon zu Beginn relativ wichtig. Dass wir neun Jahre später ein Team von 50 Leuten haben würden – damit haben wir damals noch nicht gerechnet. Was wir aber wussten, ist, dass die Appentwicklungs-Branche stark wächst, und das hat sich Jahr für Jahr bestätigt. Somit konnten wir auf eine positive Marktentwicklung vertrauen und darauf, dass die Nachfrage stetig steigen würde. Um Projekte in der Qualität und Größenordnung umsetzen zu können, wie wir uns das wünschen, war es notwendig, ein entsprechendes Team zu entwickeln.
Michael
Schmerzvoll – weil am Anfang die Kontrollinstrumente noch nicht ausgebildet sind und man oft im Blindflug unterwegs ist. Natürlich gibt es schon eine Buchhaltung, aber die eigenen Zahlen zu kennen und steuern zu können, ist eine ganz andere Geschichte. Es hat eine Zeitlang gedauert, bis wir auf dem professionellen Niveau waren, auf dem wir jetzt arbeiten. Was die Prozesse betrifft, entwickelt man sich stetig weiter. Das ist keine Einmal-Übung, sondern ein konstanter Lernprozess.
Michael
Es wäre unfair, eines hervorzuheben, weil jedes für sich spannend ist. Aber natürlich gibt es Branchen, in denen die Komplexität der Produkte besonders groß ist – zum Beispiel im Industriebereich, wo mit verschiedensten Technologien Geräte gesteuert werden, oder der Gesundheitsbereich.
Norbert
Einen Bereich, den ich sehr spannend finde, ist Nachhaltigkeit und Climate Change. Das ist ein sehr dynamisches Feld, es gibt wahnsinnig viele Ideen und es entsteht viel Neues. Ich glaube, dass man in diesem Bereich mit coolen Anwendungsfällen wirklich einen Beitrag leisten kann.
Norbert
Das ist hochgradig individuell. Es gibt dafür kein Standardrezept. Was in jedem Fall hilft, ist ein gutes Betreuungsverhältnis. Wir haben gemerkt, dass es ab einer gewissen Anzahl von Mitarbeiter:innen schwieriger wird, sich um alle im ausreichenden Ausmaß zu kümmern. Ab einem bestimmten Grad muss man auch Führungsverantwortung delegieren und darauf vertrauen, dass die Kultur der Offenheit, die wir versucht haben zu etablieren, auch weitergegeben wird. Die Grundlage bildet aber immer ein ehrliches Interesse daran, wie es den Leuten geht, was sie interessiert und wohin sie sich entwickeln möchten.
Einen Bereich, den ich sehr spannend finde, ist Nachhaltigkeit und Climate Change. Das ist ein sehr dynamisches Feld, es gibt wahnsinnig viele Ideen und es entsteht viel Neues. Ich glaube, dass man in diesem Bereich mit coolen Anwendungsfällen wirklich einen Beitrag leisten kann.
Norbert Himmelbauer, Co-Founder
Michael
Wir haben von 2011 bis 2017 versucht, den Designbereich in die all about apps zu integrieren. Es gab anfangs ein kleines Team, das nicht den Fokus hatte, den es verdient hätte. Damit haben wir uns schwer getan. Dann haben wir mit Stefan Ortmair eines der größten Talente im Design kennengelernt. Stefan hat verschiedene Stationen bei all about apps durchlaufen und am Ende das Design-Team geleitet. Eines Abends nach ein paar Gläsern Wein hatten wir die gemeinsame Idee, eine eigene Agentur zu gründen. Und so ist es dann auch passiert.
Michael
Supergeil. Natürlich gibt es Herausforderungen, weil dotsandlines auch sehr stark wächst, aber alles in allem war das die beste unternehmerische Entscheidung, die wir nach all about apps getroffen haben. dotsandlines ist zu einem großartigen Unternehmen geworden – mit herausragenden Talenten, die einen Wahnsinnsjob machen und dafür sorgen, dass unsere Apps noch viel besser sind, als sie es früher waren.
Norbert
Ich finde es wahnsinnig inspirierend zu sehen, mit welcher Energie junge Gründer:innen ans Werk gehen. Das ist wie ein Jungbrunnen, der einen auch selbst ansteckt. Und gleichzeitig lernen wir mit den Firmen mit, an denen wir beteiligt sind. Wir haben in den letzten zehn Jahren viel über den Aufbau eines Unternehmens gelernt, das wir jetzt weitergeben können. Denn es stimmt zwar, dass man am besten durch Fehler lernt, aber man muss sie nicht immer selbst machen.
Michael
Die wichtigste Frage ist: Würde man das Produkt selbst nutzen oder kann man sich vorstellen, dass es jemand braucht? Wenn es nicht sinnvoll ist, machen wir es nicht. Dann muss man sich ansehen, was es schon gibt und überlegen, ob man mit dieser Idee etwas zum Positiven verändern kann.
Norbert
Es muss auch ein gewisser Erfolg damit möglich sein. Wenn man sein ganzes Herzblut investiert, sollte man sich vorher überlegen, was damit erreichbar ist. Wenn der Markt zu klein ist, sollte man sich vielleicht auf etwas anderes fokussieren.
Michael
Einerseits daran, wie glücklich die Menschen rund um uns sind. Machen die alle schon ein langes Gesicht oder kommen sie gerne in die Arbeit? Ist Letzteres der Fall, ist das ein Erfolg. Und zweitens daran, ob man eine Leistung anbietet, die genutzt wird. Gerade bei Startups wäre es unfair, das in Geld zu bewerten, weil oft lange kein Geld fließt. Aber wenn die Nachfrage da ist, gibt es auch die Hoffnung, dass sich das Angebot monetarisieren lässt. Für die all about apps ist der Erfolg heute aber natürlich schon auch, dass wir wirtschaftlich erfolgreich arbeiten.
Norbert
Zwei Punkte, die für mich im Vordergrund stehen, sind: Wie bewerten unsere Kund:innen die Arbeit, die wir leisten? Und wie beurteilen unsere Mitarbeiter:innen das Unternehmen, in dem sie arbeiten? Das positive Feedback über uns als Leistungsanbieter und Arbeitgeber ist für mich erfolgsentscheidend.
Michael
Da gibt es viele Beispiele. Vor einiger Zeit haben wir versucht, ein Produkt namens Shoperience zu entwickeln. Wir haben wahnsinnig viel Arbeit rein gesteckt – ca. 5.000 Stunden – und haben geglaubt, es wird funktionieren. Es war eine Softwarelösung für den Einzelhandel. Dann haben wir aber erkannt, dass der Markt noch nicht so weit ist und wir viel zu früh dran sind, weil wir in unseren Grundannahmen davon ausgegangen sind, dass jedes Unternehmen so eine Anwendung einbinden kann. Leider stimmte das nicht. Das war eine bittere Erkenntnis. Wir standen vor der Entscheidung, noch mehr Geld zu investieren oder es bleiben zu lassen. Wir haben uns für Letzteres entschieden. Daraus haben wir gelernt, Lösungen nicht fertig zu entwickeln, bevor man Marktfeedback hat – sondern zuerst mit einem Prototypen Marktfeedback einzuholen und dann zu sehen, wie man ein Produkt auf die Straße bringt. Aber auch organisatorisch haben wir sehr viele Fehler gemacht. Das Schlimme ist allerdings nicht das Fehler machen selbst, sondern wenn man nichts daraus lernt.
Norbert
Viele Leute haben uns davon abgeraten, gemeinsam zu gründen, weil sie dachten, dass entweder die Freundschaft oder das Unternehmen darunter leiden würde – und im schlimmsten Fall sogar bei des. Glücklicherweise hat sich davon nichts bewahrheitet. Dabei ist eines ganz wichtig: Wir können uns gegenseitig blind vertrauen. Insofern ist die Tatsache, dass wir nicht nur Geschäftspartner, sondern auch Freunde sind, nichts, das uns behindert – sondern ganz im Gegenteil etwas, das uns stärkt.
Norbert Himmelbauer
Michael Rosenzweig-Steiner
Maximilian Salzer