Gesichter
Wellbeing
12 min
Mit der Einführung des Wellbeing Club wollen dotsandlines und allaboutapps eine ehrliche Initiative für mentales und körperliches Wohlbefinden schaffen. Im Fokus steht dabei die holistische Ausgeglichenheit der Mitarbeiter:innen. Ein Gespräch mit Founder Stefan Ortmair und Wellbeing Managerin Hannah Mayr.
Die Art, wie wir arbeiten, hat sich stark verändert. Interdisziplinäre Tasks werden im Jahr 2022 an fluiden Arbeitsplätzen abgewickelt, während Kollaboration und Prozessorientiertheit von Mitarbeiter:innen ein flexibles, lösungsorientiertes Arsenal an Fertigkeiten erfordern. Jedoch: Die Art, wie wir Arbeit verarbeiten, hinkt diesen Veränderungen keuchend hinterher. Denn hübsche Büros, Home-Office oder prall gefüllte Firmenkühlschränke bieten am Ende des Tages vielleicht doch nicht den Ausgleich auf die komplexe Mischkulanz aus Arbeit, Leben und allem, was dazwischen liegt. Aber was dann? Was muss passieren, damit anspruchsvolle Arbeit erledigt werden kann, ohne irgendwann selbst erledigt zu sein? Mit welchen Tabus muss gebrochen werden, um Mitarbeiter:innen davor zu bewahren, irgendwann am Job zu zerbrechen? Und welche Bedeutung hat die Floskel der Work-Life-Balance noch, wenn diese beiden Hälften durch die Gasförmigkeit der modernen Arbeitswelt sowieso nicht mehr klar trennbar sind? Diese und weitere Fragen hat sich auch Stefan Ortmair gestellt – und ist dabei zur Antwort gelangt, dass es noch keine zufriedenstellende Antwort gibt. Die Idee des Wellbeing Clubs war geboren.
Stefan erzählt: "Den Wellbeing Club gibt es, weil ich vor nicht allzu langer Zeit selbst an meine persönlichen Grenzen gestoßen bin und da verstanden habe, dass man Arbeit und Gesundheit einfach nicht voneinander trennen kann. Und dass diese Gesundheit auch einen großen mentalen Aspekt beinhaltet, der im Arbeitsumfeld oft ausgeklammert wird. Weil es ein Tabu ist, es gern als Schwäche gedeutet wird – und weil es auch sehr schwierig ist, sich aktiv damit auseinanderzusetzen, ohne schon einen Zugang zu haben. Und so hab ich viel darüber nachgedacht und auch mit Menschen gesprochen, die sich länger mit dem Thema beschäftigen, wie wir den Aspekt der Gesundheit – vor allem in Bezug auf mentale Gesundheit – sinnvoll in unseren Arbeitsalltag integrieren können. Und zwar so, dass es kein halbherziges Nebenthema, sondern eine nachhaltige Maßnahme wird. Meine Motivation war einfach: Wenn mir schon – trotz aller Freiheiten, die ich in meiner beruflichen Position habe – eine mentale und körperliche Erschöpfung widerfährt, dann will ich möglichst daran arbeiten, dass das nicht auch den Menschen passiert, mit denen ich täglich zusammenarbeite."
Body, Mind & Spirit – aus diesen drei zentralen Säulen setzt sich der Wellbeing Club zusammen.
Ein gesunder Körper ist essenziell für unser ganzheitliches Wohlbefinden. Deshalb steht BODY für physische Fitness, körperliche Gesundheit und ausgewogene Ernährung.
Ca. 60.000 Gedanken gehen uns täglich durch den Kopf. MIND eröffnet die Möglichkeit, genauer hinzusehen, Muster bewusst zu machen und zu eigenen Gunsten zu verändern.
SPIRIT bietet Raum für soziale Interaktion, Austausch im Team und um den Spaß an der gemeinsamen Sache ungebremst ausleben zu können. Es schafft den Rahmen, um Erfolge zu feiern und Rückschläge zu teilen.
Hannah
Als mir Stefan zum ersten Mal am Telefon vom Wellbeing Club erzählt und mich gefragt hat, ob ich das gemeinsam mit ihm umsetzen möchte, hat das für mich wie die Lösung ganz vieler Probleme geklungen, an denen ich mich persönlich schon oft gestoßen habe. Ich war in meinem Berufsleben auch bereits an einem Punkt, wo ich gemerkt hab, dass es sich körperlich und vor allem mental nicht mehr ausgeht. In dieser Situation hab ich aber immer nur dieselben Worte zu hören bekommen: „Hannah, das ist eben der Preis, den man zahlt, wenn man Karriere machen will.“ Und das hat mich schockiert. Denn diese Definition von Karriere ist keine, die für alle Menschen gilt. Und sollte das wirklich bedeuten, nur so Karriere machen zu können, dann will ich sie nicht machen. Dadurch ist mir auch die Zeit, die ich im Beruf verbracht habe, oft sehr leer und überhaupt nicht wertstiftend vorgekommen. Deine Lebenszeit verbringst du halt einfach auch in der Arbeit. Das haben die Generationen, die jetzt nachkommen, schon viel mehr gecheckt als wir damals. Sie haben keinen Bock, ihr Leben in Strukturen zu vergeuden, die für sie nicht passen. Es ist ein valider Anspruch einer Mitarbeiter:in, zu sagen: „Mein Job muss zu meinem Leben passen.“ Und das, was wir jetzt mit dem Wellbeing Club versuchen, ist ein Ansatz, wie es mal anders funktionieren kann. Deswegen hab ich am Telefon auch sofort „Ja“ gesagt. Und ich find’s megaschön, dass ich jetzt hier eine Zweigstelle des Wohlbefindens sein darf.
Stefan
Wir hatten keine Erfahrungswerte mit der Position einer Wellbeing Managerin. Und ich kannte auch kein Unternehmen im näheren Umfeld, wo es so etwas dezidiert gibt. Deshalb bin ich extrem happy, dass die Hannah jetzt da ist und es so gut klappt. Dass sie die Zeit dafür hat und wirklich für alle und für alles da sein kann. Weil ich glaube, dass das auch wieder ein Stück weit die Hürde nimmt, bestimmte Themen zu adressieren. Und da die Hannah nicht ins Daily Business involviert ist, werden diese Themen dann auch schnell vorangetrieben.
Hannah
Die Idee des Schwerpunkt-Monats ist, sich neben ganzjährigen Angeboten einmal im Jahr ganz bewusst mentalen Aspekten zu widmen, die einen beschäftigen, und genauer hinzuschauen. Die Angebote, aus denen man in diesem Monat wählen kann, sollen deswegen auf einem anderen Level wirken und tiefer gehen. Von Gesprächstherapie bis hin zu alternativen Ansätzen wie Energiearbeit oder schamanischer Praxis – alles Dinge, zu denen man im Alltag vielleicht gar nicht so einen Zugang hat. Die reine Arbeitszeit verringert sich außerdem im Schwerpunkt-Monat bei gleichem Gehalt auf 80 Prozent, damit man diese persönlichen Erfahrungen, Erlebnisse und Inputs wirklich sickern lassen kann. Coaching am Beginn und am Ende des Monats helfen einem dabei, das Erlebte auch nach dem Schwerpunkt-Monat zu berücksichtigen und umzusetzen. Man soll sich da selbst wirklich ganzheitlicher kennenlernen – und spüren, was man braucht und was einem gut tut.
Stefan
Ganz wichtig ist uns auch, dass im Rahmen des Wellbeing Clubs keine Kosten für Mitarbeiter:innen entstehen, selbst bei spezielleren Einheiten. Auch das ist so eine Hürde, die wir gar nicht erst zum Hindernis werden lassen wollten. Mir persönlich war es ein Anliegen, Maßnahmen wie den Schwerpunkt-Monat selbst so bald wie möglich anzugehen, um so auch andere zu motivieren, diese Möglichkeit in Anspruch zu nehmen.
Stefan
Als wir den Wellbeing Club zum ersten Mal kommuniziert haben, waren manche verständlicherweise etwas skeptisch. Es ist auch ein komplexes, persönliches und neues Thema. Aber das Feedback, das wir in der Zwischenzeit bekommen haben, ist ausschließlich gut. Und allein die Tatsache, den Club jetzt umgesetzt und wahr gemacht zu haben, hat den schönen Effekt, dass die Leute offen dafür geworden sind und miteinander darüber reden. Und das hilft wiederum, gewisse Themen im Arbeitsumfeld weiter zu enttabuisieren. Auf diese Art bei vielen ein Bewusstsein für die eigene mentale Fitness zu erzeugen, ist für mich schon ein riesiges Achievement. Wir haben zwar immer schon eine offene Kommunikationskultur gehabt, aber das hat noch mal eine ganz neue Dynamik reingebracht. Gefühlt sind viele ziemlich hyped.
Hannah
Eine der schönsten Erkenntnisse war, dass ganz viel Austausch stattfindet, extrem ehrliche Gespräche. Und die Menschen fühlen sich einfach gehört. Denn das fehlt halt oft – in der Gesellschaft wie auch im Arbeitsumfeld. Jemand, der da ist und zuhört, ohne Wertung oder Erwartungen. Ganz viele zwischenmenschliche Kontakte haben heute irgendeinen egoistischen Hintergrundnutzen. Aber so etwas gibt es eben beim Wellbeing Club nicht. Der Nutzen ist, sich auszutauschen und Themen auf den Tisch zu bringen, die bis jetzt keine Sichtbarkeit hatten.
Stefan
Unsere Aufgabe ist es, den Rahmen zu schaffen, aber letztlich müssen es die Mitarbeiter:innen selbst leben und ausleben. Wir wollen niemanden zu irgendwas zwingen. Alle Angebote des Wellbeing Clubs sind absolut freiwillig. Wenn also jemand keine Lust hat oder sich noch nicht bereit dafür fühlt, dann lässt man’s noch bleiben. Und das ist dann auch gut.
Stefan
In allererster Linie soll es für uns eine funktionierende, nachhaltige und weiter wachsende Maßnahme bleiben. Wir sind da auch unser eigener ganz interessanter Testballon. Denn wir sind groß genug, um das seriös zu betreiben und genügend Erfahrungen zu sammeln, aber auch klein genug, um es kontinuierlich verändern und anpassen zu können. Ich hab aber schon auch die Vision, den Wellbeing Club irgendwann vielleicht als eigenes und erprobtes Framework anzubieten. Ich würd es super finden, wenn der Club und die grundlegende Idee dahinter auch unsere Kund:innen oder auch andere Arbeitgeber:innen erreicht – auch, weil ich denke, dass es bei vielen schon ein grundsätzliches Bewusstsein für körperliches und mentales Wohlbefinden gibt. Bis dahin ist es natürlich noch ein weiter Weg. Und den Wellbeing Club gibt es ja auch erst seit ein paar Monaten. Also im Grunde ist derzeit alles ein sehr motiviertes Schau-ma-mal. Aber bis jetzt schaut es sehr gut aus.
Bernhard Gigler
Stefan Ortmair
Hannah Mayr
Alina Wagner