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Herausforderung Herkunft

Hani und Cristina über ihren Weg nach Österreich und zu dotsandlines

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Hani Mansour ist seit Mai 2021 Web Developer bei dotsandlines. Im Jahr 2015 kam der 31-Jährige im Zuge der Flüchtlingswelle aus Syrien nach Österreich. Hani ist seit elf Jahren verheiratet und hat zwei Kinder.

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Cristina Czajkowska-Díaz ist in Venezuela geboren und begann vor drei Jahren bei allaboutapps und dotsandlines zu arbeiten. Auch sie ist seit 2015 in Österreich. Mit ihrem Mann, zwei Katzen und einem Hund lebt die 28-Jährige in Wien.

Du lebst seit sieben Jahren in Österreich. Was hat dich dazu bewegt, dein Herkunftsland zu verlassen und wie kam es dazu, dass du nun in Wien lebst?

Hani

Nach vier Jahren Krieg habe ich mich schweren Herzens dazu entschieden, mein Heimatland Syrien zu verlassen. Erst habe ich acht Monate lang in einem kleinen Dorf in Niederösterreich gelebt. Nach Wien bin ich ­gezogen, weil es dort höhere Chancen auf einen Arbeitsplatz für mich gab – deswegen bin ich auch in der Stadt geblieben.

Cristina

Das wirtschaftliche Chaos in Venezuela und die Kriminalität haben bei mir so viel Stress ausgelöst, dass ich eine Autoimmun-Krankheit entwickelt habe. Außerdem wollte ich aus meinem konservativen Familienkreis ausbrechen. Weil ich gerne reise, hatte ich anfangs nur ein Jahr im Ausland geplant, um eine neue Sprache zu lernen. Durch meine Uni habe ich ein Praktikum in einer mexikanischen Firma mit Sitz in Wien bekommen. Ich wusste damals gar nichts über Österreich und war noch nie in Europa gewesen. In dieser Zeit habe ich mich in die Stadt und in den Lebensstil verliebt – und bin deshalb schon seit sieben Jahren hier.

Wie würdest du dein Leben in Österreich mit drei Worten beschreiben?

Hani

herausfordernd, friedlich, sicher 

Cristina

fordernd, sicher, frei

Wie würdest du dein Leben in Syrien / Venezuela mit drei Worten beschreiben?

Hani

erfolgreich, familiär, unstabil

Cristina

unberechenbar, frustrierend, schön warm

Welchen Vorurteilen aufgrund deiner Herkunft begegnest du in deinem Alltag?

Hani

Es gab schon Situationen mit Vorurteilen, weil ich sichtbar aus einem muslimischen oder fremden Land komme. Viele Menschen haben keine gute Kenntnisüber die offene Kultur in Syrien, aber ich habe das Gefühl, dass das mit der Zeit klarer wird. Im Allgemeinen habe ich Glück gehabt, so viele nette Menschen kennengelernt zu haben.

Cristina

 Bis jetzt habe ich keine unangenehmen Erfahrung wegen Vorurteilen gehabt – vielleicht, weil ich das Glück hatte, offene Menschen auf meinem Weg zu finden. Es kann auch sein, dass ich nicht merke, wenn über mich geredet wird. Das ist aber auch in Ordnung. Vorurteile muss ich mir nicht unbedingt anhören.

Sich beruflich in einer fremden Kultur neu zu orientieren ist eine große Herausforderung. Wie ging es dir dabei und wie hat dein Weg zu dotsandlines geführt?

Hani

Ich bin eigentlich Netzwerktechniker. Um diese Arbeit auszuüben, braucht man fließende Sprachkenntnisse – das war mein größtes Hindernis. Mir ist aufgefallen, dass ich bessere Chancen habe, wenn ich mich im Bereich Programmierung weiterentwickle. Deswegen habe ich einen Weiterbildungskurs gemacht und danach direkt einen Job gefunden. Nach eineinhalb Jahren Arbeits- erfahrung sammeln habe ich mich dann bei dotsandlines beworben und meinen aktuellen Job bekommen.

Cristina

Ich wusste von Anfang an, dass ich in Österreich ein berufliches „Handicap“ habe: die Sprache. Auch wenn ich mittlerweile gut Deutsch kann, werdeich nie so gut performen wie auf meiner Muttersprache. Meine Strategie war, im Finanz-Bereich anzufangen, obwohl ich das nicht aus Leidenschaft mache – aber Zahlen sind auf jeder Sprache gleich – und mich dannin eine Richtung weiterzuentwickeln, die mir wirklich Freude macht. So habe ich meinen ersten Job bekommen, was als Ausländerin die größte Hürde sein kann.Bei dotsandlines habe ich dann den Raum gefunden,das zu tun, was mir wirklich gefällt – mittlerweile liegt mein Fokus im HR-Bereich.

Ich wusste von Anfang an, dass ich in Österreich ein berufliches Handicap habe: die Sprache.

Cristina

Deutsch ist bekanntlich keine einfach zu erlernende Sprache. Welche Erfahrungen hast du damit gemacht?

Hani

Ich habe anfangs versucht, viel mit Österreicher:innen Kontakt zu haben, um die Sprache so schnell wie möglich zu lernen. Dann habe ich Deutschkurse vom Level A1 bis B2 abgeschlossen. Nebenbei habe ich mir Filme auf Deutsch angeschaut. Die neun Monate im Weiterbildungskurs für Programmierung haben mir viel geholfen, weil ich mit meinen Kolleg:innen nur auf Deutsch gesprochen habe.

Cristina

Ich war die ersten zwei Jahre ständig mit der Sprache konfrontiert, weil ich in dieser Zeit bei einer Gastfamilie gewohnt habe. Deutsch lernen hat sich auch ein bisschen wie ein Wettrennen angefühlt, da mein Aufenthalt in Österreich davon abhängig war. Ich musste das B2-Niveau innerhalb von zwölf Monaten erreichen, um ein Studentenvisum beantragen und damit länger in Österreich bleiben zu können. In Caracas habe ich Morphologie bzw. Morphosyntax studiert. Dadurch konnte ich die „schwierigen“ Fälle der deutschen Grammatik leichter verstehen und anwenden, die für Spanischsprechende sonst nicht so leicht nachvollziehbar sind. Für mich war es also sogar aufregend, in eine schwierige Sprache einzutauchen.

Gibt es ein Wort oder einen Ausdruck in deiner Mutter- sprache, der dir im Deutschen fehlt bzw. für den es keine exakte Übersetzung gibt?

Hani

Das Wort „نننننNaeeman“ wird verwendet, wenn eine Person sich frisch rasiert oder geduscht hat – als ob man die Person segnen oder ihr „Herzlichen Glückwunsch zur Sauberkeit“ sagen würde. Dieser Ausdruck wird im Libanon und in Damaskus besonderes unter alten Leuten häufig verwendet.

Cristina

Es gibt im Spanischen ein eigenes Wort für die Zeit nach dem Essen, wenn man noch am Tisch bleibt und sich unterhält: „Sobremesa“ – wortwörtlich auf („sobre“) + Tisch („mesa“).

Bestimmte Reize – Gerüche, Geschmäcker oder Gefühle – verbindet man untrennbar mit einem Ort. Gibt es so etwas für dich in Bezug auf dein Leben in Syrien / Venezuela?

Hani

In Damaskus riecht man überall den Jasmin.

Cristina

Wenn ich an Caracas denke, höre ich den Gesang der Grillen und Frösche am Abend, venezolanische Weihnachtslieder und die Glocken des Eiswagens. Und ich rieche das Meer bzw. das Salzwasser.

Kannst du dir vorstellen, eines Tages wieder in dein Herkunftsland zurückzukehren?

Hani

Vom Gefühl her möchte ich nach Syrien zurück kehren, aber durch die Lage dort weiß ich, dass das momentan unmöglich ist. Außerdem möchte ich meinen Kindern die Chance geben, ein faires und sicheres Leben zu haben. Ich bin so froh, in Österreich zu leben. aber die Sehnsucht nach meiner Familie, alten Freunden und Bekannten ist groß. Das Heimweh ist immer da, deshalb hoffe ich, mein Heimatland bald zumindest besuchen zu können.

Cristina

In einer idealen Welt ganz bestimmt, aber in der momentanen Situation eher nicht.

Wenn du deinem 15-jährigen Ich einen Rat geben könntest, welcher wäre es?

Hani

Egal, wie schwierig der Weg ist – mit Mühe und Geduld wirst du dein Ziel erreichen.

Cristina

Du bist stärker, als du glaubst.

Mitwirkende

Hani Mansour

Christina Czajkowska-Díaz

Lea Hierzenberger