Gesichter

Interview

8 min

Im Gespräch mit Olga

Ein Gespräch über die Herkunft und den Stellenwert von Bewegung im Arbeitsalltag.

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Seit Dezember 2020 verstärkt Olga Vikhrova mit ihren Motion Design Skills dasTeam Graphic bei dotsandlines. Wie ihre Herkunft ihr Gespür für Ästhetik beeinflusst und was Tanzen und Animation gemeinsam haben, erzählt sie im Interview.

Du nennst dich selbst ”Citizen of the World” – denn du bist in Deutschland geboren, in der Ost-Ukraine aufgewachsen, hast in den USA, in Kiew, Graz und Wien gelebt. Was macht für dich ein Zuhause aus? Fällt es dir manchmal schwer, einen Ort so zu nennen?

Am meisten identifiziere ich michmit Lugansk (Ost-Ukraine), denn dort habe ich meine Kindheit und Jugend verbracht. Egal, in welchem Land ich gerade wohne – mein Zuhause ist für mich der Ort, wo ich kleine Erinnerungen in Form von Fotos oder Plakaten sammle. Gutes Essen ist auch ein wichtiger Faktor! Wenn ich richtig Heimweh habe, mache ich mir einen deftigen ukrainischen Salat mit Mayonnaise oder Teigtaschen mit Topfen und schalte eine sowjetische Komödie ein. Das erinnert mich an die Winterabende bei meiner Oma und hat für mich eine ganz eigene, persönliche Gemütlichkeit.

Wie haben deine bisherigen Lebensorte deine Arbeitsweise geprägt?

Ich glaube, der Mix macht es aus. Unterschiedliche visuelle, akustische und emotionale Eindrücke haben mich in der Entwicklung meines persönlichen Stils beeinflusst. Wenn ich an Kiew denke, habe ich speziell die Mischung aus westlicher und östlicher bzw. postsowjetischer Ästhetik im Kopf also einerseits Altbau, Kopfsteinpflaster und klassische Kultur, aber gleichzeitig brutale Betonbauten. Das alles sieht man nicht nur in der Ost-Ukraine, sondern teilweise auch in Wien. Dieser visuelle Input hat definitiv beeinflusst, wie ich Bildkompositionen schaffe und auf den ersten Blick nicht mischbare Komponenten in eine stimmige Szene zusammensetze. Die Zeit in den USA hat mir American Football und im Speziellen den Super Bowl nähergebracht. Die Commercials, die beim Super Bowl in der Pause gespielt werden, sind eine riesige Inspirationsquelle an wahnsinnig gut umgesetzten Werbungen. Durch ständige Ortswechsel habe ich gelernt, mich schnell an ein neues Umfeld zu gewöhnen und Kontakte zu knüpfen. Somit habe ich mich auch bei dotsandlines von Anfangan wohlgefühlt.

Ursprünglich hast du Sprachen und Kulturwissenschaften studiert. Wie kam es zu dem Kurswechsel in Richtung Mediendesign und schlussendlich Motion Design?

Meine Mutter hatte die Vision, dass ich Übersetzerin werden sollte. Ich habe wiederum immer schon gerne gezeichnet und Sprachen mehr als Kommunikationsmittel gesehen. Im Zuge meines Masterstudiums für English and American Studies an der Universität Graz habe ich Kurse mit Fokus auf Film- und Medienwissenschaften besucht. Somit ist das auch zu meinem Schwerpunkt geworden, und in meiner Masterarbeit habe ich mich mit dem Thema “Migration Film” beschäftigt. Die praktische Anwendung von Medien hat mich immer schon mehr gereizt als das rein wissenschaftliche Arbeiten. Somit kam der Entschluss, noch ein praxisorientiertes Masterstudium anzuhängen: Meine Animationsdesign-Reise hat mit dem Media Design Studium an der FH Joanneum begonnen.

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Und so würde Olga dotsandlines bildlich darstellen

Obwohl du noch nicht lange bei dotsandlines bist, setzt du schon große Kampagnen von IKEA um. Oft ist die Durchlaufzeit der Projekte sehr knapp. Wie schaffst du es, unter Zeit- und Leistungsdruck eindrucksvolle Ergebnisse abzuliefern?

Bei meinem vorherigen Arbeitgeber konnte ich einiges an Erfahrung sammeln, da das Unternehmen auf Motion Design spezialisiert ist. Das hilft mir bei der Umsetzung der spannenden Projekte bei dotsandlines. Unterschiedliche Design-Plattformen gestalten es heutzutage einfach, sich weltweit mit Motion Design Artists auszutauschen. Außerdem liebe ich Filme! Sie sind eine große Inspirationsquelle für mich. Diesen kinematischen Einfluss spürt man in vielen meiner Kampagnen.

Bewegung liegt dir auch privat. In deiner Freizeit tanzt du am liebsten zu House Music. Kannst du dir aus deinem Hobby Inspiration für deine Arbeit als Motion Designerin holen – oder umgekehrt?

Definitiv! Beim Tanzen lerne ich viel über Rhythmus und den Einsatz von Bewegung. House Dance ist im Club entstanden und ist daher sehr frei. Mein Lieblingsstil beim Tanzen ist Freestyle, weil man sich kreativ ausprobieren kann – zum Beispiel verschiedene Dynamiken mischen – mal schneller, mal langsamer. Genauso ist das auch im Motion Design – ein Stück wird erst dann richtig spannend, wenn man verschiedene Rhythmen harmonisch miteinander mischt. House Dance beeinflusst meine Arbeit auch dadurch, dass der kreative Input, den ich von anderen Tänzer:innen bekomme, sich gut in Output beim Arbeiten umwandeln lässt. Musik zu hören hilft mir im Arbeitsalltag dabei, in den Flow zu kommen.

Wie Beyoncé singt: Who run the world ... Girls! Das Team Graphic ist zurzeit rein weiblich besetzt. Würdest du daran etwas ändern wollen und was schätzt du besonders an der Zusammenarbeit im Team?

Frauen sind in den Motion Design Agenturen, die ich bis jetzt kennengelernt habe, meistens unterbesetzt. Das wirkt sich definitiv auf die Gruppendynamik aus. Deswegen nenne ich das mal eine gesunde Frauenquote im Team Graphic! Ich schätze jede einzelne Designerin in unserem Team – vor allem die Offenheit für Fragen und die Bereitschaft, Herausforderungen gemeinsam zu lösen, ist viel wert.

Du trägst oft T-Shirts mit plakativen Sprüchen. Verrätst du uns deinen Lieblingsspruch?

An meinem ersten Arbeitstag bei dotsandlines habe ich ein T-Shirt mit dem Spruch “Girls are awesome!” getragen. Nachdem ich mich in das Team eingelebt habe, bin ich nach wie vor sehr davon überzeugt!

Mitwirkende

Lea Hierzenberger

Olga Vikhrova